Giessbachbahn am Brienzersee
Die Standseilbahn vom Grandhotel Giessbach war die erste Standseilbahn weltweit mit einer Ausweiche in der Mitte der Strecke. Gebaut wurde die Bahn 1879 von der Maschinenfabrik Aarau mit Niklaus Riggenbach (Direktor) und Roman Abt (Ingenieur).
Roman Abt konstruierte aus Kostengründen erstmals eine Ausweiche für eine Standseilbahn. Diese erste Version war kompliziert: Innere Spurkränze beim ersten Wagen und äussere Spurkränze beim zweiten Wagen sorgten zusammen mit Leitschienen bei der Ausweiche dafür, dass der Wagen immer den richtigen Weg nahm.
Die heute überall verwendete Abt'sche Ausweiche von Roman Abt mit einem doppelten Spurkranz bei den äusseren Rädern und einer flachen Walze bei den inneren Rädern kam erstmals 1886 bei der Standseilbahn Lugano Bahnhof zum Einsatz. Bei der Giessbachbahn wurde die neue Abt'sche Ausweiche im Herbst 1890 nachträglich installiert. Nach dem Saisonschluss 1890 wurde die neue Ausweiche eingebaut und 1891 erstmals im Betrieb verwendet.
Ebenfalls 1891 kamen, passend zur neuen Ausweiche, neue Wagengestelle mit 3 starren Achsen zum Einsatz. Die mittlere Achse ist auf beiden Seiten eine flache Walze und dient nur zur Stabilisierung. Diese Wagengestelle von 1891 werden immer noch verwendet! Es handelt sich um die ältesten Wagengestelle in der Schweiz, nachdem die noch älteren Wagengestelle der Gütschbahn von 1884 leider im Herbst 2012 zerstört wurden.
Im Winter 1911 / 1912 wurde die Giessbachbahn grundlegend umgebaut. Neu erfolgte der Antrieb mit einer Wasserturbine der Firma Bell Kriens. Der Wasserballastantrieb war Geschichte. Die Wagen erhielten auf der untersten Achse ein zweites Bremszahnrad. Die Zahnradbremse auf der obersten Achse konnte von Hand angezogen werden, wirkte aber auch automatisch bei Geschwindigkeitsüberschreitung mit Hilfe eines Regulators. Die Zahnradbremse auf der untersten Achse wurde durch ein Fallgewicht ausgelöst. Diese Fangbremse konnte durch ein Pedal ausgelöst werden. Sie wurde aber auch automatisch bei einem Bruch des Zugseils aktiviert.
Im Jahr 1947 kaufte Friedrich Frey, Besitzer der Bürgenstock-Hotels und der Bürgenstockbahn, den Giessbach. Im Jahr 1948 ersetzte man den Turbinenantrieb durch einen Elektroantrieb. Friedrich Frey starb 1953. Sein Sohn Fritz Frey übernahm.
Nach jahrelangem Niedergang schloss das Hotel 1979 seine Pforten. Fritz Frey hatte den Plan, die ganze ursprüngliche Anlage abzureissen und an deren Stelle ein Beton-Jumbo-Chalet zu errichten ! 1981 wurde sogar das Abbruchgesuch für die Standseilbahn und das Grandhotel eingereicht.
Dem bekannten Umweltschützer Franz Weber ist es zu verdanken, dass die Giessbachbahn heute noch fährt. Glücklicherweise gelang es Franz Weber im November 1983 mit Hilfe seiner Vereinigung Helvetia Nostra und der von ihm gegründeten "Stiftung Giessbach dem Schweizervolk" die Giessbachdomäne käuflich zu erwerben und unter Denkmalschutz zu stellen. Danke Franz Weber !
Im Jahr 1998 modernisierte die Firma Von Roll die Anlage. Man baute einen neuen Antrieb und eine neue Steuerung ein.
Die Giessbachbahn ist die älteste Standseilbahn der Schweiz, die noch in Betrieb ist. In Europa gibt es 4 verkehrende Standseilbahnen, welche noch älter sind: Budapest Burg (02.03.1870), Istanbul Tünel (17.01.1875), Scarborough South Cliff (06.07.1875) und Lyon St. Just (08.08.1878).
Talstation: | Giessbach See Schiffstation (571 m) Karte anzeigen |
Bergstation: | Giessbach Grandhotel (661 m) Karte anzeigen |
Länge: | 346 m |
Anlage: | 1879 Standseilbahn mit Ausweiche, Wasserballast, Zahnstange Riggenbach |
1912 Standseilbahn mit Ausweiche, Antrieb Bergstation, Zahnstange Riggenbach | |
Eröffnung: | 21.07.1879 |
Stilllegung: | in Betrieb |
Verwendung: | öffentlicher Verkehr |
Videos: | Video Bergfahrt 2014 Video Talfahrt 2014 Video Bergfahrt 2019 Video Talfahrt 2019 |
Link: | Grandhotel Giessbach |